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Brief des Propstes an den neuen Erzbischof (Schluss)

Pfarrbrief vom 27.07.2003:
Lieber Hans-Josef!

Das zitierte Pauluswort stellt nicht nur ihn, sondern auch Dich als Vater hin. Viele sagen heute lieber „Bruder Bischof“ als „Vater Bischof.“ Ich habe keine Schwierigkeiten mit dem Vaterbegriff, wenn er biblisch durchdacht und gelebt wird. Ein „guter Vater“ ist niemals machtbesessen; er nimmt seine Kinder ernst; er hört auf sie und versucht, sich in sie hineinzudenken. Auch die Kinder haben Meinungen und Positionen, über die man nicht einfach hinweggehen kann. Es gibt in unserer Kirche so etwas wie eine „kalte Orthodoxie“, die nicht mehr menschlich empfinden kann. Sie entwickelt Metastasen (mein augenblickliches Thema!) der Macht, die Krebsgeschwüre am Leibe der Kirche bilden. Ich könnte Dir Beispiele aus Generalvikariaten nennen. Hier muss auch in Paderborn ein neuer Geist einziehen. Der in den letzten Jahren bei Euch in Paderborn aufgebaute Zentralismus – vor allem auch durch die große Verwaltung – muss dringend abgebaut und dem Subsidiaritätsprinzip – mit viel Kompetenz für die Gemeinden – Raum gegeben werden. Kardinal Kasper hat bitter über den Zentralismus in Rom gegenüber den Diözesen der Welt geklagt. Auf der Ebene Bistum – Gemeinde ist es vielleicht noch schlimmer. Zentrale ist notwendig, aber kein Zentralismus! Damit stehst Du vor einer äußerst schwierigen Aufgabe.

Schon von meinen eigenen Geburtstagen und Jubiläen weiß ich um den Umfang der Post, die kaum zu bewältigen ist. Wie wird es erst bei Dir sein? Ich schlage Dir vor, die inhaltsreichen Briefe auszusortieren und sie einzeln in der täglichen Betrachtung oder Meditation zu bedenken.

Vielleicht kann auch der beigefügte Pfarrbrief mit dem Aufsatz „Petrus und Paulus“ einige Anregungen für Dein verantwortungsreiches Amt zusteuern.

Im Namen der Dom- und St. Mauritiusgemeinde gratuliere ich Dir zu Deiner großen Aufgabe. Mit Deinem pragmatischen Denken und Handeln – fernab von Ideologie – solltest Du in großem Gottvertrauen Dein schweres Amt beginnen. Selbstverständlich werden wir Deinen bischöflichen Dienst mit unseren Gebeten begleiten. Ich jedenfalls freue mich, wenn ich das letzte Stück meiner Wegstrecke mit Dir gemeinsam gehen darf. Ich wünsche Dir den Geist Gottes, der weit ist und Menschen auch unterschiedlicher Auffassungen zusammenführen kann. Gott gebe Dir ein weises und gütiges Herz!

Ich grüße Dich in mitbrüderlicher Freude und herzlicher Verbundenheit.

Dein

Paul Jakobi

P.S. Da Du die Diözese Paderborn sehr gut kennst, rechnen wir nun bald mit der Ernennung eines Nachfolgers für mich. Um der Kirche in Minden willen, bitte ich Dich, meine Dir bereits vorgetragenen Wünsche in Bezug auf die Person des neuen Propstes zu berücksichtigen: Im theologischen Denken weit, spirituell tief, ökumenisch offen und ein Herz für Kinder, Jugendliche und Schwache.

Dem Brief an den Erzbischof möchte ich einen herzlichen Gruß an alle Gemeindemitglieder und Gottesdienstbesucher anfügen. Am 28.7. beginnt meine Chemotherapie, die ungefähr 5 Monate dauern wird. Ich hoffe, dass ich sie gut überstehe. Für Ihr treues Gebet und Ihre Ermutigung in Wort und Brief möchte ich Ihnen von ganzem Herzen danken. Mit Ihrer anteilnehmenden Liebe haben Sie gezeigt, was christliche Gemeinde ist.

Ihr

Paul Jakobi
Propst

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