Dom Minden  
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50 Tage Alleluja

Pfarrbrief vom 11.05.2003:
Die Freude der Kirche über die Auferstehung Jesu Christi ist unermesslich. Sie drückt 50 Tage lang - von Ostern bis Pfingsten - ihren Jubel in dem alten jüdischen Ruf „Alleluja“ aus. Die wörtliche Übersetzung lautet „preiset Jahwe!“ In vielen Psalmen wurde dieser Ruf von Kantoren, Priestern oder Leviten angestimmt und vom Volke wiederholt. Sowohl in der jüdischen als auch in der christlichen Liturgie ist der Alleluja-Ruf ein fester Bestandteil. Außer in der vorösterlichen Bußzeit, in der wegen des Leidens und Sterbens Christi die Gläubigen in Bezug auf das Alleluja fasten, wird es das ganze Kirchenjahr hindurch - wenn auch etwas sparsamer - angestimmt. Dass ein hebräisches Wort sich sowohl in der griechischen und lateinischen als auch in allen anderen Sprachen der Welt in der Liturgie halten konnte, spricht für seine Kraft und Bedeutung. Zu allen Zeiten wurde das Alleluja auch in die Musik übersetzt. Die Jugend singt besonders gern das Taizé-Alleluja, das sich über die ganze Welt verbreitet hat.

„Preiset den Herrn!“ Das ist ein Imperativ. Fulbert Steffensky sagt in einem Interview: „Als ich jünger, stärker war, hatte ich ein anderes Gottesbild: Ich glaubte doch eher an den Gott, dem ich helfen musste.“ Bei diesem Gedanken, der nicht falsch ist, kann der Lobpreis Gottes zu kurz kommen. Darum ist das Alleluja eine permanente Einladung zur gottesdienstlichen Feier.

Die Übersetzung „Preiset Jahwe!“ kann in keiner Weise das wiedergeben, was die Juden empfanden, wenn sie das Alleluja anstimmten. Auch bei uns ist es wie ein Freudenruf, den wir ausstoßen. Besonders stark empfinden wir Christen die Besonderheit dieses Jubelrufes, wenn die Gemeinde sich in der Eucharistiefeier nach der Lesung erhebt und den Herrn im Evangelium mit dem Alleluja begrüßt. Während dieses Rufes wird das Evangelienbuch hoch erhoben zum Ambo getragen, häufig von Kerzen und Weihrauch begleitet. In der Verkündigung des Wortes Gottes will Christus in die Mitte der Gemeinde treten und ihr sagen, dass er lebt. Diese Anwesenheit Gottes löst Freude aus, die sich im Gesang des Alleluja Luft macht. Die Gläubigen werden gewissermaßen von den Stühlen gerissen, um den Herrn mit Gesang und Jubel zu empfangen wie damals bei seinem Einzug in Jerusalem.

Die Orgel begleitet mit ihrem festlichem Spiel den Alleluja-Gesang und bezeugt, wie wenig ein gesprochenes Alleluja der Freude dieses Rufes gerecht wird. Das Orgelspiel kann so mitreißen, dass es keinen Mitfeiernden mehr auf seiner Bank hält.

Wenn in der Osterzeit am Schluss der Messe der Priester die Gläubigen mit den Worten „Gehet hin in Frieden“ in die Welt schickt, fügt er zweimal den Alleluja-Ruf an; die Gemeinde dankt Gott für seine Gegenwart ebenfalls mit dem zweimaligen Alleluja. Die Christen sollen nicht in Angst und Schrecken draußen ihren Dienst versehen, sondern in der freudigen Gewissheit, dass Christus lebt und sie auf ihrem Lebensweg begleitet.

So schwappt die liturgische Freude aus dem Dom in die Welt hinüber. Sie verhilft uns zu einer hoffnungsvollen Weltbejahung, wie sie Christen eigen ist. Das Alleluja wird nach dem Gottesdienst in den Herzen der Menschen weitergesungen. An ihren Gesichtern kann man ihre österliche Freude erkennen.

Ihr

Paul Jakobi
Propst

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