Dom Minden  
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Heimkehr aus dem Exil

Pfarrbrief vom 24.11.2002:
Wir begehen am Christkönigsfest nicht nur den letzten Sonntag des Kirchenjahres, sondern auch die Rückkehr des Altenwohnheims aus dem "Exil" Minderheide. Wie wir immer wieder gehört haben, war es ein schöner Ort, an dem die Heimbewohner während der Umbauzeit des "Klosters" untergebracht waren. Auch Baracken haben ihren Reiz: ebenerdig, stufenlos, ungehinderter Zugang ins Freie, lichtvolle Zimmer - das alles bei guter Verpflegung und liebevoller Betreuung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei solchen Bedingungen kann der Abschied aus dem "Exil" Wehmut auslösen.

Aber was ist ein "Exil" gegenüber der Heimat? Als das Volk Israel in die Verbannung geführt war, wurde das Lied gesungen (Ps 137):

  An den Strömen von Babel, da saßen wir und weinten,
wenn wir an Zion dachten.
Wir hängten unsere Harfen an die Weiden in jenem Land.
Dort verlangten von uns die Zwingherren Lieder,
unsere Peiniger forderten Jubel: "Singt uns Lieder vom Zion!"
Wie könnten wir singen die Lieder des Herrn,
fern, auf fremder Erde?

Die Heimbewohner sind vor etwa 2 Jahren mit Schmerz in die Baracken zur Minderheide gezogen; heute kehren sie mit großer Erwartung ins St. Michaelshaus zurück. Wie hat sich das Haus verändert? Ist es freundlicher, heller, funktionstüchtiger geworden? Wie sehen Empfangshalle und Cafeteria aus? Wo befinden sich die Aufzüge? Wie sind die Zimmer und Flure verändert? Sind die Nasszellen in den Zimmern verbessert? Kann das St. Michaelshaus mit anderen modernen Altenheimen konkurrieren?

Alle diese Fragen, die verständlich und berechtigt sind, können so beantwortet werden: Die Heimbewohner kehren in eine unbeschreiblich schöne Heimat zurück. Wer Zion erlebt, wird das "Exil" bald vergessen. Das St. Michaelshaus hat ein modernes Gesicht bekommen, das sich dennoch sensibel in die Struktur des alten historischen Gebäudes einfügt. Die Atmosphäre des Klosters ist geblieben und damit auch der christliche Geist im Schatten des Domes.

Das Pflegepersonal hat in der Minderheide zusätzliche Belastungen auf sich nehmen müssen - Entfernungen zu der Arbeitsstelle und auch in den Wohnbereichen. Aber alle Mitarbeiter und -innen haben diese Herausforderung mit Bravour gemeistert. Dafür sei ihnen an dieser Stelle herzlich gedankt.

Ein riesiger Dank gebührt der Hausleitung - Frau Zaworski, Schwester Martina Maria und Herrn Kurze. Mit starken Nerven und viel Fantasie haben sie alle Probleme bewältigt. An ihrer Seite stand der Architekt Werner Rösner, der den Plan für den Umbau entwickelt hatte und leider mitten in der Neugestaltung sterben musste. Sein Werk wurde von seiner Mitarbeiterin Frau Birkenhauer fortgesetzt und vollendet.

Immer hätte das Werk noch nicht gelingen können, wenn nicht einige Mitglieder des Kirchenvorstandes unter Leitung von Herrn Bilstein ehrenamtlich und tatkräftig den Umbau geleitet hätten. Monatliche Sitzungen, schwierige Verhandlungen, Erschließungen von Geldquellen, komplizierte Gespräche über Sicherheitsfragen, Feuerschutz und vieles mehr waren erforderlich, um den Bau zu vollenden. Sie haben viel Zeit geopfert und persönliche Interessen zurückgestellt, um aus dem St. Michaelshaus eine neue Heimat für alte und gebrechliche Menschen zu schaffen. Die Renovierung des St. Michaelshauses - mit 1000 Problemen verbunden - ist ein herausragendes Zeichen christlicher Einsatzfreude. Möge Gott den vielen Helfern und -innen das oft über die Kräfte gehende Engagement in reichem Maße vergelten! Die Gemeinde sagt ihnen allen herzlichen Glückwunsch und aufrichtigen Dank!
 
Ihr

Paul Jakobi
Propst

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