Dom Minden  
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Pfarrbrief vom 15.09.2002:
Kindergärten und Schulen haben nach den großen Ferien ihren Dienst wieder aufgenommen. Wir haben das Glück, in unserer Gemeinde einen katholischen Kindergarten und eine katholische Domschule zu haben, die ganz bewusst ein aus dem christlichen Glauben erwachsendes Bildungsprogramm anbieten. Auf Grund der Ergebnisse der Shell-Studie, die den 12-25jährigen Jugendlichen ein großes religiöses Desinteresse bescheinigt, könnte man meinen, katholische (und evangelische) Kindergärten und Schulen müssten bald mangels Masse geschlossen werden. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die Nachfrage in katholischen Kindergärten und Schulen in ganz Deutschland ist niemals so stark gewesen wie in unserer Zeit. Die Katholische Kirche in Deutschland unterhält gegenwärtig 1140 Schulen mit rund 351.000 Schülern; das sind mehr als die Hälfte aller Privatschüler. Die katholischen Schulen können sich vor Zulauf nicht retten.

Man kann fragen, wie eine solche Entwicklung zu erklären ist, da doch auch viele Eltern kirchen- und glaubensdistanziert leben. Warum schicken sie oft sehr bewusst ihre Kinder in christlich geprägte Kindergärten und Schulen? Bei aller Entfernung von der Kirche richtet die Bevölkerung doch hohe ethische Erwartungen an die Kirche. Ihr soziales Engagement steht in hohem Ansehen. Die Gesellschaft spürt, dass sie ohne ethische Fundierung nicht leben kann. Darum erwartet sie von den Kirchen, den ethischen Grundwasserspiegel zu heben und Sinn- Orientierung zu geben. Tatsächlich ist die Kirche immer gefragt, wenn es um das Ethos geht. Viele Eltern, die ihre Söhne und Töchter in katholische Kindergärten und Schulen schicken, wünschen, dass ihren Kindern natürliche Tugenden - Anstand, Fleiß, Ordnung, Disziplin, Sauberkeit, Hilfsbereitschaft - vermittelt werden.

Leider übersehen diese Eltern oft, dass "natürliche" Tugenden in "übernatürlichen" eine Verwurzelung benötigen. Das geforderte Ethos der Kinder braucht in Glauben, Hoffen und Lieben einen Nährboden, der ihm Bestand gibt. Diese christlichen Wurzeln machen das Profil eines katholischen Kindergartens und einer katholischen Schule aus. Wenn darauf verzichtet wird, können wir unsere christlichen Bildungseinrichtungen einsparen. In einer pluralistischen Gesellschaft müssen wir in die Konkurrenz zu anderen Bildungseinrichtungen eintreten, die auch ihr Lebensrecht haben. Unser Bildungsangebot aber hat mit Gott zu tun, der der Vater aller Menschen ist und der - wie im heutigen Evangelium nachzulesen - barmherzig mit den Menschen umgeht und deshalb auch von uns Barmherzigkeit verlangt. Unser Bildungsangebot hat mit Jesus von Nazareth zu tun, der uns das Modell eines vollendeten Menschen vorgelebt hat. Unser Bildungsangebot hat mit dem christlichen Glauben zu tun, der in allen - vor allem auch den lebensbedrohenden - Situationen Lebenshilfe ist und dazu beiträgt, dass menschliches Leben gelingen kann. Mit diesen Grundlagen - Gott, Jesus von N. und christlicher Glaube - können wir in jeden Bildungswettstreit eintreten. Es gibt kein besseres Konzept!

Übrigens: Nach neusten Forschungsergebnissen hat das Fach Religion sowohl für die Religionslehrer als auch für das Interesse der Schüler überraschend gute Noten bekommen. Macht das nicht nachdenklich?
 
Ihr

Paul Jakobi
Propst

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